Edouard Carmignac greift zur Feder und kommentiert aktuelle wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Herausforderungen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
sagt Ihnen der Begriff „Antifragilität“ etwas? Laut Nassim Taleb, dem wir das fruchtbare, aber destabilisierende Konzept des „Schwarzen Schwans“ verdanken, ist Antifragilität „mehr als Resilienz oder Robustheit. Das Resiliente, das Widerstandsfähige widersteht Schocks und bleibt sich gleich; das Antifragile wird besser. Dieses Prinzip steckt hinter allem, was sich im Lauf der Zeit verändert hat.“
Rückblickend war unsere globale Anlageverwaltung in den letzten neun Jahren zu zurückhaltend. Nachdem die Krisen der Jahre 2002/2003 und 2007/2008 überstanden waren, ohne dass es zu Wertverlusten des uns anvertrauten Vermögens gekommen wäre, haben wir das Risikomanagement verstärkt, gleichzeitig aber die Auswirkung der Maßnahmen der Zentralbanken, die sich in Sachen geldpolitische Lockerung überboten, auf den Wert der Anlagen unterschätzt.
Die allmähliche Infragestellung dieser lockeren geldpolitischen Haltung setzt diesem Paradigma ein Ende. Nach der Fed bereiten auch die Europäische Zentralbank und, wenn auch nur zögerlich, die Bank of Japan die Märkte auf geldpolitische Straffungen vor. Ihre Entschlossenheit ist umso stärker, weil seit über zehn Jahren erstmals wieder ein gewisser Inflationsdruck herrscht.
Dies ist ein neuer Faktor, der die Anlagehorizonte spürbar verändert. Auf den Anleihemärkten, die sich so lange auf nach unten tendierende Zinsen stützen konnten, ist eine aktive Verwaltung sowohl der Renditekurve als auch der Titelauswahl erforderlich. Ein von geringerer Liquidität und einem moderaten Anstieg des Inflationsdrucks geprägtes Umfeld führt zu einer differenzierteren Wahrnehmung der Attraktivität von Aktien entsprechend den Wachstumsaussichten der Unternehmen und ihrer Fähigkeit, Kostensteigerungen zu verarbeiten.
Außerdem wird auch eine gute Bewältigung der makroökonomischen Herausforderungen nicht ausreichen, um die Rückkehr der Konjunkturzyklen voll auszunutzen. Ergänzend dazu ist eine möglichst effiziente Titelauswahl im Aktien- und Anleihenbereich notwendig. In diesem Zusammenhang freue ich mich darüber, dass David Older die Verwaltung des Carmignac Investissement und des Aktienportfolios des Carmignac Patrimoine übernommen hat. Ich habe David vor ungefähr vier Jahren eingestellt. Damals hatte er in den USA eine brillante Karriere im Technologieuniversum hingelegt, einem komplexen Bereich, in dem die Erfolgserwartungen hoch sind. Im Anschluss an seine Ernennung zum Leiter des Aktienteams Anfang 2017 leistete David einen erheblichen Beitrag zu unserer globalen Anlageverwaltung, denn die von ihm beaufsichtigten Vermögenswerte entwickelten sich überdurchschnittlich. Ich persönlich kann nun auf einen großen Talentpool zurückgreifen und habe mehr Zeit, sodass ich meine Aufmerksamkeit der Gestaltung starker Marktüberzeugungen widmen kann, die für die langfristige Performance von wesentlicher Bedeutung sind.
Ich bin zuversichtlich, dass dieses Plus an Vitalität auch unsere Antifragilität erhöht.
Mit freundlichen Grüßen