Lloyd McAllister, Head of Sustainable Investment bei Carmignac
Angesichts der kommenden zweiten Amtszeit von Donald Trump wird befürchtet, dass nachhaltige Investitionen dem Untergang geweiht sind. Wir sind da optimistischer. Natürlich sind Schwierigkeiten zu erwarten, aber berechtigte und teilweise auch notwendige Herausforderungen sollten begrüßt werden.
Donald Trumps überwältigender Sieg bei den Präsidentschaftswahlen im November und die baldige Dominanz der Republikaner im Kongress lassen die Welt der nachhaltigen Investitionen erschaudern. Doch vier Jahre nach Trumps letzter Amtszeit im Weißen Haus hat sich die Welt weiterentwickelt: Für die Wirtschaft sind nachhaltige Reglements inzwischen zur Gewohnheit geworden, auf die sich Industrien verlassen, während mit Elon Musk bald der erfolgreichste „grüne“ Industrielle der Welt im Weißen Haus ein und aus gehen wird.
Es wird erwartet, dass Änderungen am Inflation Reduction Act (IRA) ganz oben auf der To-Do-Liste des neuen Präsidenten stehen, aber bei näherer Betrachtung dürften diese eher bescheiden ausfallen, wobei Windkraft und Steuergutschriften für Elektrofahrzeuge im Mittelpunkt stehen. Trump bezeichnet Windenergie als "schrecklich", während die Abschaffung der Steuergutschriften für Elektroautos seinem neuen Verbündeten Elon Musk zugutekäme und die schwächeren, auf Subventionen angewiesenen Konkurrenten von Tesla ausbremsen würde.
Es ist bemerkenswert, wie manche Elemente des IRA mit den Zielen der beiden Parteien zur Reindustrialisierung übereinstimmen, außerdem kommen 60 % der Steuergutschriften republikanischen Bundesstaaten zugute. Ebenso ermöglichen Steuergutschriften für Kohlenstoffabscheidung und -speicherung die Verlängerung der Öl- und Gasversorgung, und stützen damit Trumps Versprechen an die Führungskräfte der Industrie.
Der Ausstieg aus dem Pariser Abkommen ist ein weiterer offensichtlicher Schritt für Trump, der einen symbolischen Schlag für das Abkommen darstellt in einer Zeit, in der die geopolitische Unterstützung dafür schwindet. Während viele US-Unternehmen nach Trumps letztem Ausstieg ihre Unterstützung für das Pariser Abkommen zugesagt hatten, vermuten wir, dass sie dieses Mal stummer sein werden; das "grüne Schweigen" ist da.
Wir erwarten weiterhin eine Re-Eskalation des Einsatzes von Menschenrechten als Handelsbarriere gegenüber China, wobei Vorwürfe der chinesischen Zwangsarbeit die Erhöhung der Zölle erklären werden. Darüber hinaus rechnen wir mit einer Rücknahme der vorübergehenden Lockerung der IRA-Regeln in Bezug auf lokale umweltfreundliche Beschaffung. Dies würde bedeuten, dass US-Unternehmen keine IRA-Steuergutschriften mehr in Anspruch nehmen können, wenn sie nicht von lokalen Lieferketten kaufen. Zusammen könnten diese Faktoren Trumps Versprechen zur Inflationsreduzierung widersprechen.
Angesichts der Tatsache, dass viele Trends im Bereich sauberer Energien inzwischen ein immenses Ausmaß erreicht haben und preislich teilweise auch wettbewerbsfähig sind, sind Trumps Möglichkeiten, die globale Energiewende zu bremsen, begrenzt. Patrick Pouyanné, CEO von TotalEnergies, sagte kürzlich, dass die Abschaffung der Klimaregulierung "der Industrie nicht helfen wird, sondern im Gegenteil dämonisieren wird, und dann wird der Dialog noch feindlicher". Die europäischen Ölkonzerne wünschen sich ein stabiles regulatorisches Umfeld für saubere Energie während sie mit der Umstellung ihrer Geschäftsmodelle beginnen, und keinen "wilden Westen", der angesichts einer schwächeren Nachfrage zu einem Überangebot führen könnte.
Auch kartellrechtliche Probleme haben in den letzten Jahren die Agenda für nachhaltige Investitionen dominiert, wobei die US Federal Trade Commission ein strengeres Vorgehen an den Tag gelegt hat. Wir gehen davon aus, dass dieser Trend unter einer wirtschaftsfreundlichen, weniger regulierenden Trump-Administration zurückgedreht wird, vor allem im Bereich der künstlichen Intelligenz. Wir gehen davon aus, dass Trump trotz seines angespannten Verhältnisses zu Tech-Unternehmen eine kämpferische Haltung einnehmen wird gegenüber den hohen Geldstrafen der EU für US-Technologieunternehmen in Bezug auf die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen und dem Kohlenstoffgrenzausgleichsmechanismus.
Im Bereich nachhaltiger Investitionen erwarten wir eine weitere Abkehr von ethischen Begründungen, die zur Rechtfertigung bereits veralteter Exklusions-Ansätze herangezogen werden, und eine erneute Betonung klarer positiver finanzieller Auswirkungen für die Einbeziehung von ESG-Überlegungen in Investitionsentscheidungen. Wir können auch mit einer stärker intervenierenden SEC rechnen, die Aktionärsanträge für Hauptversammlungen, die als zu aktivistisch angesehen werden, ablehnen wird. Wenn Fondsmanager diese nuancierten Veränderungen und die damit verbundenen Grauzonen falsch interpretieren, riskieren sie eine schlechte Performance.
Es ist natürlich Unsinn, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse, aufgrund derer Trump gewonnen hat - niedrigere Lebensstandards und zunehmende Ungleichheit für niedrige und mittlere Einkommen in Industrieländern - nicht existieren würden, wenn nachhaltige Geschäfts- und Investitionspraktiken schon in den 1990er und 2000er Jahren umgesetzt worden wären1.
Einige von Trumps potenziellen gesundheitspolitischen Maßnahmen unterstützen schliesslich auch diese Entwicklung: Bestimmte Ziele von Robert F. Kennedy Jr. - die Verringerung chronischer Krankheiten wie Fettleibigkeit und Diabetes durch gesündere Ernährung - decken sich mit gängigen Ansichten zu nachhaltigen Investitionen. Die historische Unfähigkeit des Weißen Hauses, groß angelegte gesundheitspolitische Veränderungen herbeizuführen, lässt angesichts der erheblichen bürokratischen und lobbyistischen Mächte und der bestehenden Basis an Vorschriften vermuten, dass die Auswirkungen hier ebenfalls gering sein werden.
Trotz der Bereiche, die Anlass zur Sorge geben, gehen wir nicht davon aus, dass Trumps zweite Amtszeit durchweg negativ für nachhaltige Investitionen sein wird. Es sei daran erinnert, dass sich in seiner ersten Amtszeit Investitionen in nachhaltige Fonds verdreifacht hatten - obwohl die USA immer noch nur 10 % der weltweiten nachhaltigen Anlagen ausmachen2 - und die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von 17 % auf 21 % stieg3. Es wird einige Spannungen in der Klimadiskussion geben, aber die USA sind nicht die Welt; die US-Politik kann die Märkte nur begrenzt und für eine gewisse Zeit beeinflussen, und die wirtschaftlichen und geschäftsmodellbezogenen Argumente, die vernünftiges nachhaltiges Investieren untermauern, sind viel zu stark, um ignoriert zu werden.
Bei allem Lärm und allen Diskussionen ist eines klar: Nachhaltiges Investieren wird sich durchsetzen.