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Stabilität erhalten

April 2020

Veröffentlicht am
2. April 2020
Lesezeit
8 Minuten Lesedauer

Vor einem Monat (siehe unsere Anmerkung vom 2. März, “Der Preis der Angst”), fiel unsere Einschätzung der Lage der Finanzmärkte im Wesentlichen auf vier Beobachtungen:

  • Die aktuelle Epidemie ist eine Art "Schwarzer Schwan", weil sie ein unvorhersehbares Ereignis mit hoher Wirkung darstellt, wie es vom Essayisten Nassim Taleb prognostiziert wird.
  • Die westliche Welt befindet sich jetzt in der Phase eines exponentiellen Anstiegs der Infektionsraten, was viele durchaus unterschätzen könnten.
  • Die Regierungen werden keine andere Wahl haben, als außergewöhnliche Präventions- und Kontrollstrategien einzuführen, die verheerende Auswirkungen auf die Wirtschaftsaktivität haben werden.
  • Die Zentralbanken haben die Volatilität unterdrückt und die Kapitalkosten für ein Jahrzehnt subventioniert, wodurch die Finanzmärkte verwundbar sind.

Auch wenn wir uns nun im Nachhinein wünschen würden, dass wir unsere Analyse in eine noch radikalere Richtung getrieben hätten, so war sie immer noch klar genug, um während des gesamten Monats März sehr zurückhaltend vorzugehen.

Wir wiesen außerdem darauf hin, dass "neben geldpolitischen Interventionen Staatsausgaben erforderlich sind". Wobei wir betont haben, dass "die USA das erste Land sein könnten, das entschlossene fiskalische Maßnahmen ergreift". Bei diesem letzten Punkt haben wir den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Fed kehrte prompt zu einem unbegrenzten quantitativen Lockerungsprogramm zurück. Nach kurzen Schwanken folgte auch die EZB der Fed. Der US-Kongress stimmte ein wenig später einem beispiellosen Paket an Staatsausgaben zu.

Diese Entwicklungen sorgten kurzfristig für günstige Bedingungen, um einen Teil der Absicherungen abzubauen, die wir zuvor aufgebaut hatten. Aber diese unorthodoxen Schritte waren absolut notwendig und sie bieten einen Indikator dafür, wie hoch der Druck auf die Aktienmärkte und vielleicht sogar noch mehr auf die Rentenmärkte war. Wir können heute nicht davon sprechen, dass sich die Lage beruhigt hat. Das allein ist Grund genug, um maximal wachsam zu bleiben.

Die derzeitige Phase ist in Bezug auf die öffentliche Gesundheit, die Wirtschaft und den Finanzsektor wirklich außergewöhnlich. Wir wollen die aktuelle Situation aus einer strategischen Perspektive betrachten, um die Auswirkungen und Verzweigungen genau zu erkennen und einzuordnen.

Die erste Phase der Krise neigt sich dem Ende zu

Wie wir im vergangenen Monat bereits erwähnten, haben die Mediziner, Politiker und Investoren eine Weile gebraucht, um zu erkennen, wie ernst die Angelegenheit aufgrund einer Reihe bekannter Vorurteile ist.

Der erste Faktor ist die mentale Voreingenommenheit. Die Menschen versuchen immer wieder, sogar dramatisch neue Phänomene mit früheren Erfahrungen in Verbindung zu bringen - in diesem Fall mit der saisonalen Grippe oder der SARS-Epidemie. Mit anderen Worten, sie haben es schwer, ein „Schwarzer Schwan-Ereignis als solches zu erkennen. Oder sie verstehen nicht, was eine exponentielle Zunahme mit sich bringt. Das heißt zum Beispiel, dass eine Wachstumsrate von 27% eine Verdopplung der Zahlen alle drei Tage bedeutet, oder dass ein Waldbrand mit einem Glas Wasser ausgerottet werden kann, wenn man in den ersten Minuten handelt, während einige Stunden später nicht einmal eine Gruppe von Canadair-Wasserbombern die Flammen ausgießen kann. Die verzögerten Reaktionen, die durch diese Art geistiger Voreingenommenheit verursacht wurden, erwiesen sich 2008 als verheerend für die Wirtschaft und die Finanzmärkte - wie sie es auch jetzt getan haben.

Der Ausbruch in China wurde zunächst als weit entfernt und für Europa weitgehend irrelevant wahrgenommen. Die Epidemie in Italien wurde als länderspezifisch angesehen. Und anschließend wurde das Drama, das sich in Europa abspielt, von den Vereinigten Staaten unterschätzt.

Schließlich hatte eine Art Herdeninstinkt eine große Zahl von Anlegern dazu veranlasst, den Trends zu folgen - so künstlich er auch sein mag. Der Druck auf Renditen und Volatilität in den letzten zehn Jahren war daher als neue Normalität angesehen worden, was Risikobereitschaft und Fremdfinanzierung unter allen Umständen legitimierte. Der Ökonom Hyman Minsky ist dafür bekannt, zu zeigen, dass zu viel Stabilität den Weg zur Fragilität des Marktes ebnet. Seine Beobachtungen wurden jedoch gern vergessen. Das "rüde Erwachen", das wir derzeit erleben, scheint sich dem Ende zu nähern.

Das Tempo, mit dem sich die Aktienmärkte seit Anfang des Jahres korrigiert haben - um durchschnittlich 20 bis 30%- zeigt fraglos, dass die meisten Anleger die Wahrheit erkannt haben. Doch die genaue Quantifizierung des unmittelbaren und langfristigen wirtschaftlichen Schocks, in dem wir uns befinden, ist nach wie vor ein sehr schwieriges Unterfangen. Kein bereits existierendes Modell ist wirklich in der Lage zu messen, wie sich die strengen Beschränkungen für 40% der Weltbevölkerung in fast 80 Ländern - darunter 70% der US-Bevölkerung - auf unbestimmte Zeit tatsächlich auswirken werden. Es ist daher anzunehmen, dass die Finanzmärkte kurzfristig durch starke Phasen der Instabilität erschüttert sein werden. Nur mit Blick nach vorn können wir hoffen, dass wir wirklich Klarheit darüber haben, welche Form die nächste Phase annehmen wird.

Wie wird "der Tag danach" aussehen?

Es ist in der Regel eine schlechte Idee, über das Leben auf der anderen Seite des Flusses nachzudenken, bis die andere Seite nach dem Durchqueren der Wirbelströme erreicht ist. Andererseits ist es für Anleger durchaus sinnvoll, sich zumindest ein Bild davon zu machen.

Zunächst einmal können wir nicht genug betonen, wie angespannt die finanzielle Situation war, als Covid-19 zum ersten Mal zuschlug. Die Zentralbankpolitik schöpfte rasch ihre Möglichkeiten voll aus, während sie das nominale BIP-Wachstum (reales Wachstum plus Inflation) erst noch auf das Niveau von vor 2008 zurückbringen musste.

In den letzten Tagen sind dieselben Zentralbanken "all-in" gegangen, um den Poker-Jargon zu verwenden. Sie haben in dem Bestreben, die staatlichen und Unternehmensschuldtitelmärkte in etwa auf ihren normalen Zustand einzupendeln "Haus und Hof gesetzt". Das sieht bisher wie eine vielversprechende Wette aus. Dabei ist es noch zu früh, um zu sagen, ob diese erfolgreich sein wird. Doch auf jeden Fall ist der entscheidende Punkt, dass die Zentralbanken, selbst wenn sie noch in der Lage sind, die Integrität des Finanzsystems zu wahren, nicht länger behaupten können, eine wirtschaftliche Erholung in irgendeiner Form voranzutreiben.

Es zeichnet sich ein Szenario mit anhaltend hohen Haushaltsdefiziten ab, das Misstrauen gegenüber Papiergeld auslösen könnte

Wir treten damit in eine neue Ära ein. Um Anreize zu schaffen, werden die Regierungen diesmal den größten Teil der Last auf sich nehmen müssen. Sie bieten bereits einen Einkommensersatz, solange der wirtschaftliche Lockdown andauert. Doch da die meisten von ihnen die prekäre Finanzlage, die ihnen die Krise von 2008 bescherte, noch nicht überwunden haben, muss die Frage geklärt werden, wie ein derart beispielloser fiskaler Ausgabenanstieg finanziert werden soll. Eine hohe Abgabe auf den privaten Sektor wäre offensichtlich kontraproduktiv, während eine Verringerung der öffentlichen Dienstleistungsbudgets sozial und politisch ebenfalls keine Lösung wäre. Das Szenario, das sich abzuzeichnen scheint, ist somit eines der dauerhaft hohen Haushaltsdefizite, die die Zentralbanken - diesmal als "erste Instanz" - in die Position staatlicher Anleihenkäufer zwingen werden, um die Finanzierungskosten auf einem erträglichen Niveau zu halten.

Es sollte erwähnt werden, dass dieser große Wandel hin zu einem explosionsartigen Anstieg der Haushaltsdefizite - finanziert direkt von Zentralbanken zu extrem niedrigen Kreditzinsen - viel schwieriger zu bewältigen wäre, wenn die Inflationserwartungen wieder anziehen würden. Derzeit scheinen die deflationären Kräfte stark genug sowohl auf säkularer als auch auf zyklischer Ebene zu sein, um einen Anstieg der Inflation unwahrscheinlich zu machen. Jedoch ist dieses Risiko nicht von der Hand zu weisen. Eine weitere Folge dieser Veränderung könnte durchaus wachsendes Misstrauen gegenüber Papiergeld sein, sobald die Regierungen beginnen, es offen zu drucken, um Defizitausgaben zu finanzieren. Dieses Misstrauen könnte die Tür für eine Phase monetärer Instabilität öffnen, in der reale Vermögenswerte - und hier fällt mir das Beispiel Gold sofort ein - hervortreten würden.

Der Vertrauensschock, von dem alle Wirtschaftsakteure betroffen sind, scheint einer V-förmigen Erholung kaum förderlich zu sein

Wir vermuten, dass "der Tag danach" durch eine beträchtliche verhaltensbedingte Hysterie gekennzeichnet sein könnte - eine Folge des Schocks für das Vertrauen, von dem alle Wirtschaftsakteure betroffen sind. Wie wir im letzten Monat angedeutet haben: "Es liegt in der menschlichen Natur, nach Sturmausbrüchen nach Sicherheit zu suchen." Ebenso wie es wahrscheinlich ist, dass der Einzelne in Zukunft einen größeren Anteil an Barmitteln halten wird – wobei zum Beispiel 53% der US-Bevölkerung keine vorsorglichen Ersparnisse haben – werden die Regierungen die Produktion von Gütern, die plötzlich als "strategisch" angesehen werden, an Land bringen wollen. Die Unternehmen werden die Verlockung von Just-in-Time-Lieferketten hinterfragen, und die Anleger werden bei ihrer Risikobereitschaft den Wert eines Sicherheitspolsters wiederentdecken.

Wir bezweifeln, dass ein solcher Zustand zu höheren Unternehmensgewinnmargen oder auch zu einer V-förmigen globalen Konjunkturerholung führen wird, sobald die öffentliche Gesundheitskrise überwunden ist – eine Sichtweise, die offensichtlich durch die ersten Wirtschaftsdaten aus China untermauert wird.

Für Anleger könnte dies ein Ende des passiven Anlagewunders einläuten und das Interesse an aktiven Anlagestilen wiederbeleben. Denn diese besitzen die Fähigkeit, Marktrisiken zu steuern und Unternehmen zu ermitteln, die sich langfristig von der Masse abheben werden.

Was bedeutet das für unsere Portfolios?

Da wir kurzfristig mit einer Fortsetzung der Instabilität an den Märkten rechnen, bleiben unsere Absicherungsstrategien in allen Anlageklassen bestehen, während wir unsere Engagements aktiv und taktisch managen. Im Gegensatz dazu zeichnen sich unsere zugrunde liegenden Aktienportfolios durch eine große Stabilität aus. Die von uns vertretenen Titel, von denen die meisten mit Themen der digitalen Transformation in Zusammenhang stehen, reichen vom Einzelhandel, einschließlich Lebensmittel, über Gesundheit bis hin zu Unterhaltung und insbesondere Cloud-Gaming.

Es ist erwähnenswert, dass China - dessen Leistungsbilanz von sinkenden Energiekosten und dem Zusammenbruch chinesischer Reisen ins Ausland getragen wird - über die Art von Binnenwirtschaft verfügt, die es zu einem bevorzugten Standort für Investitionen in solche Themen macht. Als letzter zu erwähnender Punkt hat es uns die Reduzierung des systemischen Risikos durch die Zentralbanken in den letzten Tagen ermöglicht, eine Reihe ausgewählter Unternehmensanleihen zu äußerst günstigen Bedingungen zu kaufen.

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So wie wir mit der Hingabe der Ärzte und Krankenschwestern und der Selbstdisziplin der Bürger, die Epidemie trotz der schwierigen Bedingungen letztlich überwinden werden, so müssen wir als Vermögensverwalter beständig bleiben und uns weiter auf Risikomanagement und langfristige Überzeugungen konzentrieren. Dadurch können wir unseren Kunden, die uns mit ihren Ersparnissen betraut haben, am wirksamsten helfen.

Quelle: Carmignac, Bloomberg, 31/03/2020

Anlagestrategie
Aktien

Die aktuelle Gesundheitskrise zeigt, wie anfällig die Finanzmärkte in den letzten Jahren waren. Die jahrelange unkonventionelle Geldpolitik hat die Volatilität beseitigt und die Anleger auf risikoreiche Anlagen gelenkt. Insgesamt hat der brutale Deflationsschock durch die abstürzende Nachfrage - die durch den Ölschock noch verstärkt wurde - einen massiven Zusammenbruch der Aktienmärkte ausgelöst. Um diesem abrupten Anstieg der finanziellen und wirtschaftlichen Risiken entgegenzuwirken, kündigten Zentralbanken und Regierungen endlich durchgreifende Maßnahmen an, die den Märkten eine Atempause ermöglichten. Wir nutzten diese, um unser Portfolio teilweise und taktisch wieder in Aktien zu investieren.

Da die jüngsten finanzpolitischen Stützungsmaßnahmen jedoch mehr auf den Ersatz der Einkommen als auf wirtschaftliche Impulse ausgerichtet sind, konzentrieren wir unser Aktienportfolio auf Unternehmen, deren Wachstumsprofile von den makroökonomischen Entwicklungen relativ unbeeinflusst sind. Gleichzeitig halten wir uns von Unternehmen mit hoher Verschuldung fern, da der Lockdown die Barreserven einiger von ihnen schmälern könnte.

Auch an unserem Engagement in chinesischen Aktien halten wir fest, da sich das Land nach und nach aus der Sackgasse bewegt und sich seine Zahlungsbilanz verbessert. Unser Engagement in Titeln der „New Economy“ im Inland ist jedoch begrenzt.

Bei diesem Portfolio internationaler Positionen verwalten wir aktiv unser Aktienengagement, da wir davon ausgehen, dass das makroökonomische Umfeld noch lange Zeit instabil bleiben wird.

Sämtliche Anlageunterklassen am Rentenmarkt waren im Berichtszeitraum stark verunsichert. Nachdem an den Kreditmärkten die Liquidität austrocknete, lösten Sorgen über eine Solvenzkrise einen enormen Sprung der Kreditspreads aus, selbst bei den Emittenten mit den höchsten Ratings. Auch Staatsanleihen aus Ländern, die als sichere Häfen gelten, gerieten unter Druck. Und der US-Treasury-Markt - der liquideste von allen - geriet unter ernsthaften Druck. Glücklicherweise reichten die massiven Maßnahmen der Fed und anderer Zentralbanken aus, um diesen Druck zu verringern.

Wir halten an unserem sehr vorsichtigen Ansatz bei Staatsanleihen der Kern- und Nichtkernländer fest. Peru bleibt angesichts der attraktiven Bewertungen, hoher Investitionen in die Infrastruktur und der voraussichtlichen Robustheit seiner Wirtschaft unser bevorzugter Markt. Wir nutzten daher die neue Liquidität, die die Politik der EZB einläutete, um unser Engagement weiter zurückzufahren.

Bei Unternehmensanleihen haben die von den verschiedenen Regierungen angebotenen Ersatzersatzprogramme zur Abwendung eines Einbruchs das Solvenzrisiko für Emittenten der ersten Stufe verringert und uns somit die Möglichkeit gegeben, selektiv in diese Anlageklasse zurückzukehren.

Wir hielten unser Engagement in Schwellenländeranleihen niedrig. Viele Zentralbanken der Schwellenländer verlieren immer noch die Liquidität in Dollar - ein beunruhigendes Zeichen für Fragilität.

Wie sich herausstellte, war der US-Dollar im Berichtszeitraum stark gefragt, sowohl als Zahlungsmittel als auch als Reservewährung. Der ernsthafte Druck auf die US-Renditen überzeugte die Fed, noch nie dagewesene Liquiditätsmengen in den Markt zu pumpen. Nun, da die - als unbegrenzt angekündigten - Interventionen der Fed den Liquiditätsdruck des Dollars gestoppt haben, dürfte sich die Aufwertung des Greenback verlangsamen.

Daher behalten wir den Euro - die Referenzwährung für unsere Strategien - als unsere Primärexposition bei, um das Wechselkursrisiko in einem erbärmlich unsicheren Umfeld zu begrenzen.

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